Harlich H. Stavemann – … und ständig tickt die Selbstwertbombe – Beltz Verlag – Rezension

Dieses scheinbar kleine Büchlein hat es in sich. Stavemann befasst sich in seinem Werk aus 2020, erschienen im Beltz Verlag, mit den Ursachen und Auswirkungen ungünstiger Selbstwertkonzepte sowie deren Veränderungsmöglichkeit. Er benennt die ungünstigen Selbstwertkonzepte als Selbstwertbomben und zieht hier einen treffenden Vergleich. Stavemann, vom Fach selbst her Psychologe, macht deutlich, dass Selbstwertproblematiken häufig unbewusste Ursache vieler psychischer Probleme sind, da diese durch verschiedene erlernte Faktoren unbemerkt in uns arbeiten und schon kleine Auslöser reichen können, um unseren kompletten Selbstwert in den Keller rauschen zu lassen.
Stavemann erklärt dabei sehr anschaulich, wie wir solche Konzepte aufbauen, womit wir ihnen auf die Schliche kommen können und gibt uns, als wichtigster Faktor, Werkzeuge an die Hand, sodass wir diese verändern können bzw. zeigt nachvollziehbar auf, was gesunde Selbstwertkonzepte sind.
Dabei geht der Autor logisch und schrittweise vor und beleuchtet zunächst die unterschiedlichen Arten der Selbstwertkonzepte sowie deren Auswirkungen und Entstehungshintergründe, insbesondere legt der Autor ein Augenmerk auf das gefährliche pauschale Selbstbewerten, welches am häufigsten vorkommt. Immer wieder verdeutlicht Stavemann die gewonnen Erkenntnisse durch exemplarische Beispiele in Beruf und Alltag und arbeitet so sehr nah am Leser* und mit dem Leser. Er führt den Leser schrittweise an die innere Logik der Selbstwertkonzepte heran, indem dies erst für einfache Denkmuster aufgezeigt wird und dann auf ganze Selbstwertsysteme, inklusive des eigenen, übertragen wird.
Dies ist notwendig, um im weiteren Verlauf eine sinnvolle Alternative zu dem bestehenden, schädigenden Selbstwertkonzept zu entwickeln und mithilfe dieser neuen Alternative das alte Konzept loszulassen. Schlussendlich werden Praxishilfen und sinnvolle Übungsanweisungen an die Hand gegeben, um das neue Selbstkonzept im Alltag zu festigen und das gewünschte Verhalten bzw. die gewünschte emotionale Reaktion einzuüben und zu stärken.
Erklärtes Ziel ist es, dass das Selbstwertkonzept nicht mehr einer Bombe ähnelt, sondern vielmehr ein gesundes und zielführendes Verhalten am Ende steht. Dieses wird hergestellt, nach Stavemann, wenn das gewünschte Verhalten mit den Lebenszielen übereinstimmt und das Wunschverhalten objektiven Angemessenheitskriterien standhält. Stavemann zeigt die Fallstricke von vermeintlich guten Zieldefinitionen auf, sodass dem Leser ein ums andere Mal Einsichten kommen, weshalb sich neue Selbstwertkonzepte nicht so einfach schreiben lassen.
Gerade diesen Punkt fand ich als Leserin als sehr wichtig und hilfreich für die Veränderung von schädlichen Selbstwertkonzepten. Stavemann definiert den „psychologisch interessierten Laien ohne Vorkenntnisse“ als Zielgruppe und diesem kann absolut Recht gegeben werden. Durch den anschaulichen Schreibstil wird der Leser auf jedem Level abgeholt und kann das Werk entweder zur Eigenexploration oder als therapeutisch unterstützendes Material für seine Patienten verwenden.
Der Leser wird befähigt, unvollständige Selbstwertkonzepte zu erkennen und diese mittels gezielter Fragen zu vervollständigen, um die schädlichen Aspekte des Konzeptes auszumachen und verändern zu können. Dies folgt dem Ziel, dass dem Leser nicht nur Erkenntnisse vermittelt werden sollen, sondern ein Toolset an die Hand gegeben werden soll, was zum eigenen Üben und Verändern ermächtigt.
Als Leserin habe ich mithilfe des Werkes eine mildere Einstellung zu mir selbst erlangt. Durch Verständnis der eigenen Selbstwertbomben lassen sich Situationen anders bewerten und es folgt kein absolut automatischer Reaktionsverlauf mehr. Ich finde dieses Buch absolut hilfreich und empfehlenswert für jeden Leser, der ein Thema mit dem Selbstwert hat und insbesondere für denjenigen, der denkt, er hätte keins.
*Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
Rückmeldungen